8. Dezember 2021 | BAG RelEx
Ligante#4 – Zur Sicherheit: Prävention?
Versicherheitlichung ist ein Thema, das in diversen Arbeitsfeldern der sozialen Arbeit und politischen Bildung seit Jahren diskutiert und kritisch hinterfragt wird. Speziell in der Präventionsarbeit gegen religiös begründeten Extremismus erhöht die gesamtgesellschaftliche Wahrnehmung und die mediale Berichterstattung den Druck auf die beteiligten Akteure aus Zivilgesellschaft, Sicherheitsbehörden und Politik. Was aber versteht man unter dem Begriff der Versicherheitlichung? Wie haben sich die Präventionslandschaft und die Förderstrukturen in Deutschland entwickelt? Welche Auswirkungen hat der Sicherheitsdiskurs auf die Arbeit zivilgesellschaftlicher Träger und unter welchen Bedingungen ist eine Zusammenarbeit zwischen zivilgesellschaftlichen und staatlichen Akteuren möglich? Diese Fragen beschäftigen nicht nur uns und so haben wir sie zum Thema der vierten Ausgabe unserer Zeitschrift Ligante. Fachdebatten aus der Präventionsarbeit gemacht.
Hier können Sie die Ligante#4 als konventionelles oder barrierefreies PDF herunterladen. Wenn Sie sie lieber in Papierform lesen, können Sie die Ausgabe in gedruckter Version kostenfrei bei uns anfragen. Schreiben Sie uns dazu gerne eine E-Mail an info@bag-relex.de.
Das Thema Sicherheit im Kontext der Präventionsarbeit
in der gesellschaftlichen Debatte gibt es stets verschiedene Positionen, aus denen heraus Themen besprochen und verhandelt werden. Das gilt selbstverständlich auch für religiös begründeter Extremismus und dessen Prävention, die in den vergangenen Jahrzehnten in der breiteren Öffentlichkeit zu einem relevanten Thema geworden sind. Spätestens seit den Terroranschlägen vom 11. September 2001, befeuert jedoch durch innenpolitische Debatten, das Aufkommen des sogenannten Islamischen Staats und verübten oder vereitelten islamistisch motivierten Anschlägen in Westeuropa hat die sicherheitspolitische Perspektive in der Debatte um religiös begründeten Extremismus und die entsprechende Präventionsarbeit deutlich zugenommen. Eine Entwicklung, der wir aus zivilgesellschaftlicher Position heraus durchaus kritisch gegenüberstehen. Denn die gesellschaftlichen Debatten und Narrative prägen das Klima, in das die Präventionsarbeit eingebettet ist, und wirken sich massiv auf die Arbeit zivilgesellschaftlicher Träger und ihre Zielgruppen aus. Durch den Fokus auf sicherheitspolitische Interessen und die mediale Berichterstattung zu religiös begründetem Extremismus erhöht sich etwa in der Präventionsarbeit der Druck auf die beteiligten Akteure aus Zivilgesellschaft, Sicherheitsbehörden und Politik.
Die Themen Sicherheit und Versicherheitlichung bilden jedoch nicht nur den Kontext, in dem Präventionsarbeit wirkt. Sie werden auch seit Jahren von (zivilgesellschaftlichen) Akteuren aufgegriffen und in der Sozialen Arbeit und politischen Bildung lebhaft diskutiert. Aus diesem Grund widmen wir uns in dieser vierten Ausgabe unserer Fachzeitschrift dem Thema Sicherheit im Kontext von Präventionsarbeit gegen religiös begründeten Extremismus. Die Artikel beleuchten die Effekte des Sicherheitsdiskurses ebenso wie mögliche Kooperationen und Abgrenzungen zwischen staatlichen und zivilgesellschaftlichen Akteuren.
Das erwartet Sie in der Ligante#4
Zum Einstieg in den Themenkomplex beschreibt Prof. Dr. Susanne Fischer (Hochschule des Bundes für öffentliche Verwaltung) die Grundzüge der politikwissenschaftlichen Theorie der Versicherheitlichung (Securitization). Dabei arbeitet sie unter anderem die unterschiedlichen Perspektiven der Kopenhagener und der Pariser Schule heraus und zeigt Anknüpfungspunkte für die Präventionsarbeit. Dr. Carmen Figlestahler und Katja Schau (Deutsches Jugendinstitut) blicken auf die Entwicklung der Präventionslandschaft und die Förderstrukturen in Deutschland und erläutern, wie sich der Bezug zum Thema Sicherheit im Laufe der Zeit gewandelt hat.
Im zweiten Kapitel steht der öffentliche Sicherheitsdiskurs im Fokus. Herausgearbeitet werden die problematischen gesellschaftlichen Entwicklungen, die dieser mit sich bringt. Rüdiger José Hamm (BAG RelEx) widmet sich den Auswirkungen des Sicherheitsdiskurses auf die zivilgesellschaftliche Trägerlandschaft und diskutiert diese in Zusammenhang mit den Entwicklungen der Förderstrukturen. Der Praxisbericht von Yallah!, der Fach- und Präventionsstelle Islamismus und antimuslimischer Rassismus (FITT gGmbH/htw saar), erläutert die Folgen des Sicherheitsdiskurses für die Arbeit der zivilgesellschaftlichen Institution.
Gegenstand des dritten Kapitels ist die konkrete Zusammenarbeit zwischen zivilgesellschaftlichen und staatlichen Stellen. Die drei Beiträge beleuchten aus unterschiedlichen Perspektiven die Frage, wann und unter welchen Bedingungen eine Zusammenarbeit sinnvoll sein kann und wo sich Herausforderungen auftun. In den Artikeln wird auch deutlich, dass es sich weder bei Sicherheitsbehörden noch bei zivilgesellschaftlichen Akteuren um homogene Institutionen oder Berufsgruppen handelt. Mit Blick auf rechtliche Rahmenbedingungen und die Entwicklung der letzten Jahre unterzieht Prof. Dr. Michael Jasch (Hochschule für Polizei und öffentliche Verwaltung Nordrhein-Westfalen) die Zusammenarbeit zwischen Polizei und zivilgesellschaftlichen Trägern einer kritischen Analyse. Von der praktischen Zusammenarbeit zwischen dem bayerischen Kompetenzzentrum für Deradikalisierung und einem zivilgesellschaftlichen Träger berichten Andrea Dänzer und Bernd Willeuthner (Bayrisches Landeskriminalamt). Abschließend legen Jamuna Oehlmann und Axel Schurbohm (BAG RelEx) den Fokus auf zivilgesellschaftliche Akteure und das Selbstverständnis der Sozialen Arbeit.
Wir wünschen Ihnen eine anregende Lektüre.
Die Koordination der BAG RelEx
Hier können Sie die Ligante#4 als konventionelles oder barrierefreies PDF herunterladen. Wenn Sie sie lieber in Papierform lesen, können Sie die Ausgabe in gedruckter Version kostenfrei bei uns anfragen. Schreiben Sie uns dazu gerne eine E-Mail an info@bag-relex.de. Denjenigen von Ihnen, die unsere Arbeit en détail verfolgen, ist sicher aufgefallen, dass wir dem Thema im November 2021 bereits einen Fachtag gewidmet haben. Hier finden Sie weitere Informationen zu unserem Fachtag und der Schwerpunktlegung dieser Veranstaltung.
Die Ligante haben wir 2018 ins Leben gerufen, um die Debatten, die in unserem Fachbereich geführt werden, und die Themen, die wir als BAG RelEx anstoßen, einer breiteren Öffentlichkeit zur Verfügung zu stellen. Das Wort Ligante ist Esperanto und bedeutet Verknüpfung. Denn genau an dieser Stelle setzen wir an: Wir verknüpfen nicht nur Expert*innen innerhalb der zivilgesellschaftlichen Präventionsarbeit gegen religiös begründeten Extremismus, sondern stellen auch Verbindungen zu anderen Arbeitsbereichen, Netzwerken und Institutionen her. Hier finden Sie einen Überblick über alle Ausgaben der Ligante. Fachdebatten aus der Präventionsarbeit.