26. Juni 2025
Migration und Islamismus – Perspektiven im interdisziplinären Dialog
Rückblick auf die Auftaktveranstaltung von wissenschaft:praxisnah
Mit verschiedenen Perspektiven, offenen Worten und klarem Erkenntnisinteresse startete das neue Austauschformat wissenschaft:praxisnah. Vertreter*innen aus Politik, Verwaltung, Wissenschaft und Fachpraxis kamen zusammen, um sich einem sensiblen, aber gesellschaftlich dennoch viel diskutierten Thema zu widmen: Der (möglichen) Rolle von Flucht und Migration in Bezug auf islamistische Radikalisierungsprozesse und deren Prävention. Ein zentrales Ziel dabei war das Zusammenbringen von Akteur*innen, die in ihrer Arbeit von diesen Diskursen begleitet werden, fast immer verbunden mit viel Verantwortung, aber nicht immer mit dem nötigen Raum für Reflexion oder fachlichen Austausch.
„Wir freuen uns sehr, dass wir mit dieser Veranstaltung allen Teilnehmer*innen für ein paar Stunden genau diese Möglichkeit für fachlichen Austausch mit Akteur*innen aus anderen Kontexten geben konnten, zwischen denen sonst vielleicht seltener ein konstruktiver Austausch stattfindet. Ob wegen politischer Differenzen oder ganz anderer Arbeitsumstände – die Rückmeldungen, die uns bereits während und auch nach der Veranstaltung erreicht haben, haben den Mehrwert dieses Austauschformats betont“, erklärt Projektkoordinatorin Miriam Katharina Heß nach der Veranstaltung.
Zwischen Realität und Rhetorik – Ansätze für einen produktiveren Austausch über das Thema:
Die Diskussionen waren stellenweise intensiv, aber stets konstruktiv. Durch die Schilderungen ihrer Arbeitsrealitäten machten die Teilnehmer*innen deutlich: Ob in der politischen Kommunikation, in der Forschung, in der Verwaltung oder in der praktischen Arbeit vor Ort – Herausforderungen bestehen auf allen Seiten, wenn auch in unterschiedlicher Form. Die Frage nach Ursachen für Radikalisierung wurde kontrovers verhandelt: Diskriminierungserfahrungen, fehlende Zugänge zu marginalisierten Gruppen, affektive Polarisierung – einfache Antworten gab es nicht, ebenso wenig Einigkeit über alle Aspekte, die (vermeintlich) zu Radikalisierung beitragen. Jedoch kam ein Großteil der Teilnehmer*innen zu dem Schluss, dass es sinnvoller ist, über Bedingungen und Folgen von Migration zu sprechen, als nur über Migration als allgemeines Phänomen.
Begriffe klar benennen und unterscheiden
Besonders kritisch sahen viele Teilnehmer*innen den häufig unklaren oder gar verzerrten Umgang mit Begriffen wie „Islamismus“ oder „Migration“. Eine zentrale Erkenntnis dabei war, dass in der Debatte genau unterschieden werden muss; etwa zwischen Migration im Allgemeinen und Flucht im Speziellen. Das gilt auch für verschiedene Formen von Extremismus, die oft miteinander vermischt oder zusammengefasst betrachtet werden. So ist etwa Radikalisierung im Kontext des Nahostkonflikts nur sehr selten eine Form von Islamismus, sondern in den meisten Fällen eher eine Form des auslandsbezogenen Extremismus.
Dialog auf Augenhöhe – und mit Fortsetzung
Gerade in der Vielstimmigkeit der Perspektiven lag die Stärke dieser ersten Veranstaltung. Sie machte sichtbar, wo Verständigung gelingt und wo noch stärker an ihr gearbeitet werden muss. Der Bedarf an weiterem Austausch und Vernetzung wurde mehr als deutlich. Deshalb wird das Thema am 10. September bei einem geplanten parlamentarischen Frühstück in der Projektreihe erneut vertieft. Denn eines hat die Auftaktrunde klar gezeigt: Ganzheitliche Prävention, gesellschaftlicher Zusammenhalt und Sicherheit gelingen nur gemeinsam im ehrlichen, kritischen und respektvollen Dialog.
Für unsere Arbeit im Rahmen des Modellprojekts wissenschaft:praxisnah erhalten wir eine Förderung der Bundeszentrale für politische Bildung. Die Auftaktveranstaltung fand am 18. Juni 2025 statt.
Ihre Ansprechpersonen
Inhaltliche Rückfragen: Miriam Katharina Heß
Organisatorische Fragen: Patrick Dehne