9. März 2018 | BAG RelEx

Presseerklärung zum Koalitionsvertrag

Die Bundesarbeitsgemeinschaft religiös begründeter Extremismus (BAG RelEx) bezieht in ihrer Presseerklärung Stellung zu den im Koalitionsvertrag genannten Maßnahmen zur Stärkung der Demokratie und der zivilgesellschaftlichen Extremismusprävention. 

Die Bundesarbeitsgemeinschaft religiös begründeter Extremismus (BAG RelEx) begrüßt die im Koalitionsvertrag der CDU, CSU und SPD genannten Vorhaben bezüglich der Maßnahmen zur Stärkung der Demokratie und der zivilgesellschaftlichen Extremismusprävention. Für die künftige Bundesregierung gilt es, diese genannten Maßnahmen mit Leben zu füllen und adäquat umzusetzen.

Für die Implementierung erfolgreicher und nachhaltiger Maßnahmen zur Demokratieförderung und Präventionsarbeit gehören aus Sicht der BAG RelEx:

  • Die Klärung des Verhältnisses zwischen zivilgesellschaftlichen Trägern und staatlichen Behörden: Vernetzung und Austausch auf Augenhöhe; Gegenseitige Akzeptanz der jeweils geltenden Standards, Erfordernisse und Möglichkeiten; Erhaltung der Unabhängigkeit der zivilgesellschaftlichen Träger.
  • Klärung von Rollen und Standards der Präventionsarbeit: Diskussion über Maßnahmen und Rahmenbedingungen, die einer erfolgreichen Präventions- und Ausstiegsarbeit entgegenwirken (u.a. fehlendes Zeugnisverweigerungsrecht von Beraterinnen und Beratern der Ausstiegsarbeit, Zuverlässigkeitsprüfungen, racial profiling in der Polizeiarbeit).
  • Die Verstetigung der Fördersysteme für die Trägerarbeit: Bereitstellung von ausreichenden, langfristigen finanziellen Ressourcen; Ermöglichung einer angemessenen Bezahlung des Fachpersonals, um eine langfristige Bindung von qualifizierten Mitarbeitenden sicherzustellen.
  • Stärkung der Regelstrukturen, um Maßnahmen der Präventionsarbeit nachhaltig zu verankern: Schaffung politischer Rahmenbedingungen zur Förderung langfristiger Kooperationen mit Schule, Schulsozialarbeit, Jugendeinrichtungen, Jugendämtern, Familienhilfen etc.; Sensibilisierung von Mitarbeitenden in Regelstrukturen für Fragen im Zusammenhang mit gesellschaftlicher und religiöser Diversität und Maßnahmen der Antidiskriminierung.
  • Förderung eines Verständnisses von Präventionsarbeit als gesamtgesellschaftlicher Aufgabe und eines Bewusstseins für die Bedeutung von gesellschaftlichem Zusammenhalt, sozialer Integration, Chancengleichheit und Teilhabe zur Prävention von Radikalisierungen. Dies beinhaltet Maßnahmen gegen: Anstieg sozialer Ungleichheit; alle Formen von Rassismus (insbesondere antimuslimischem Rassismus), Antisemitismus und weitere Facetten Gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit (GMF) sowie Pauschalisierende Ablehnungskonstruktionen (PAKOs); Diskurse über eine so genannte Flüchtlingsproblematik – problematisch sind die Fluchtursachen, nicht die geflüchteten Menschen; EU- und Globalisierungsfeindlichkeit in Form einer autoritären Rückbesinnung auf einen völkisch definierten Nationalstaat und der völkisch konnotierte Rechtsruck innerhalb der Gesellschaft; Alarmismus bezüglich der Gefahr von religiös begründetem Extremismus – ohne die Gefahren zu verharmlosen.
  • Prävention muss als Integrationsarbeit im Sinne einer pluralistischen, an demokratischen Werten und Menschenrechten orientierten Gesellschaft verstanden und durchgeführt werden.

Das Phänomen der religiös begründeten Radikalisierung von jungen Menschen zählt zu den großen und komplexen Herausforderungen, mit denen sich Staat und Zivilgesellschaft auseinandersetzen müssen. Diesem Phänomen muss durch eine gemeinschaftliche Strategie und klare Aufgabenteilung begegnet werden. Dabei spielen auch muslimische Akteurinnen und Akteure sowie islamische Verbände und Vereine als Teile unserer Gesellschaft und der Präventions- und Ausstiegsarbeit eine wichtige Rolle.

Religiös begründete Radikalisierung betrifft potentiell alle jungen Menschen in Deutschland und Europa und besitzt vielfältige Gründe. Die zivilgesellschaftliche Präventions- und Ausstiegsarbeit reagiert darauf mit vielfältigen Maßnahmen und Konzepten, die nachhaltig gefördert werden müssen. Anders als staatliche Stellen verfügen zivilgesellschaftliche Träger über einen direkteren Zugang zu relevanten Zielgruppen, sind vor Ort vernetzt und genießen in der Regel über größeres Vertrauen als Jugendämter, Schulen, Polizei oder nachrichtendienstliche Institutionen.

Die Bundesarbeitsgemeinschaft religiös begründeter Extremismus existiert seit November 2016 als ein Zusammenschluss von derzeit 24 zivilgesellschaftlichen Trägern der Präventions- und Ausstiegsarbeit. Die Mitglieder der BAG RelEx engagieren sich gegen jede Form von religiös begründetem Extremismus. Die BAG RelEx bietet eine Plattform, um diesbezügliche Aktivitäten, Initiativen und Projekte in der Öffentlichkeit sichtbar zu machen und ein gesellschaftliches Bewusstsein für ihre Notwendigkeit zu schaf- fen. Die BAG RelEx vernetzt zivilgesellschaftliche Akteure bundesweit, fördert den Fachaustausch und entwickelt das Themenfeld methodisch und konzeptionell weiter. Sie unterstützt die Kooperation sowie die Rollenklärung zwischen zivilgesellschaftlichen und staatlichen Akteuren und vertritt die Anliegen der Mitglieder gegenüber staatlichen und politischen Gremien.“

 

Die Presseerklärung als PDF finden Sie hier.

zur Übersicht